Zeit, die wir uns nehmen, ist Zeit, die uns etwas gibt Zeitreise ins MittelalterDie HintergründeSuchen Sie noch ein Hobby für die ganze Familie? Etwas, wo man in frischer Luft sein kann, nette Menschen trifft und sich auch weiterbilden kann? Dann ist die Zeitreise ins Mittelalter, die immer mehr Menschen jedes Wochenende antreten, genau das Richtige für Sie. Reenactment des Mittelalters ist der gebräuchliche Begriff für das detailgetreue Nachstellen historischer Schlachten und dem dazu gehörenden Leben des Trosses von Mägden, Adligen... usw. Das Mittelalter erstreckt sich ungefähr vom Untergang des weströmischen Kaisertums 476 bis zum Zeitalter der Renaissance in der Mitte des 15. Jahrhunderts bzw. bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts. Seit dem 19. Jahrhundert ist es im deutschsprachigen Raum üblich, das Mittelalter grob in drei Phasen zu gliedern:
Im Gegensatz zu den in Hollywood romantisierten Vorstellungen des Rittertums, versuchen die Darsteller auf Mittelalterveranstaltungen die wahren Zustände zu zeigen. Dazu gehört, dass die Adligen in der Minderzahl sind und die Mehrheit der Bevölkerung Dienende, Handwerker, Bauern oder Städter waren. Natürlich ist es den Menschen unserer Zeit nicht möglich, die tatsächliche Mühsal oder die wahren Gedankengänge nachzuempfinden, die das Leben der Menschen im Mittelalter bewegten. Dazu hinterfragt der moderne Mensch zu viel. Außerdem ist die Zeitreise jedes Mal nur auf ein Wochenende beschränkt. Dennoch kann man auch an diesen wenigen Tagen Teilaspekte einer längst vergangenen Zeit erleben, die weitab von jedem Ritterturnier im Stil von König Artus-Sagen liegt. Wer sich auf das Abenteuer Zeitreise einlässt, erfährt zum Beispiel, dass die Menschen früher ganz ähnliche, alltägliche Probleme, Sorgen, Aufgaben und Freuden hatten wie heutige Familien. Das Einzige, was damals wirklich ganz anders war als heute, ist das Verhältnis zur Zeit, denn nicht die Uhr sondern die notwendigen Aufgaben jedes Einzelnen bestimmten den Tagesablauf. Real zu sehen Ich hatte das Glück, ein echtes Mittelalterevent in unserer Kreisstadt Goslar (Niedersachsen, zwischen Göttingen und Hannover) mitzuerleben. Dabei erfuhr ich auch, dass Mittelalterveranstaltungen sehr unterschiedlich sein können. Den herkömmlichen Mittelaltermarkt, der häufig in historischen Altstädten aufgebaut wird und bei dem man an jeder Ecke Bratwurststände und Verkaufswaren aus aller Herren Länder findet, hat absolut nichts gemein mit den nach Authentizität strebenden Darstellern eines echten Mittelalterevents. Wer die Zeitreise ins Mittelalter als Hobby betreiben möchte, recherchiert in der Regel recht lange in Bibliotheken, im Internet und bei entsprechenden Vereinen, in welcher Epoche er "leben" möchte. Wenn er sich für eine Epoche, eine Region und eine historische Person bzw einen belegbaren Personenkreis entschieden hat, wird er versuchen herauszufinden, welche Kleidung benötigt wird, um diese Person glaubwürdig darstellen zu können. Dann geht es daran, ein passendes Kostüm selbst zu erstellen. Dabei ist es sehr Vielen wichtig, nur alte Techniken z. B. im Stoffe färben anzuwenden. Die Nähmaschinen und andere Errungenschaften oder Hilfsmittel beim Herstellen des Kleidungsstückes sind selbstverständlich tabu. Auch darin unterscheiden sich die "echten" Mittelalterdarsteller von den oft kommerziellen Schaustellern. Wer seine Figur und seine Kleidung authentisch recherchiert hat, kann sich einem Verein anschließen und durch diese Verbindung zu Mittelalterveranstaltungen eingeladen werden. In der Regel wird dabei in historisch nachempfundenen Zelten (ohne Schlafsack, Kosmetikbeutel und Thermoskanne!) übernachtet. Die Darsteller leben während des Wochenendes nur mit den Dingen, die es auch in der Zeit gab, die sie darstellen. Das bedeutet u. a. auch, dass das Essen keine Tomaten, Kartoffeln oder moderne Gewürze enthält, da diese Zutaten erst viel später in Deutschland eingeführt wurden. Wie ich mich jedoch selbst überzeugen konnte, schmeckt auch mit Rosinen und Honig gewürzter Hirsebrei erstaunlich lecker. Auch gegrilltes Fleisch oder Fisch standen und stehen auf dem Speiseplan. Die meisten Mittelalterevents finden statt, um historische Schlachten oder Scharmützel nachzustellen. Dies gilt noch stärker für England als für Deutschland. Doch auch wenn z. B. ein fränkisches Hochadelsgeschlecht wie die Salier in Goslar einen Jahrestag haben, werden Mittelalterfeste organisiert. In Goslar wurde das Franco-Flämische Kontingent nachgestellt. Dazu gehörte der "Blaue Haufen" mit Hunderten von Männern in Kettenhemden, aber auch sehr viele Frauen und Kinder als Mägde, adlige Damen oder Handwerkerinnen. Auf einem sehr schönen Gelände über den Dächern der Stadt hatten die Veranstalter 5 Zeitinseln, die die Zeiträume von 1024 bis 1480 hautnah darstellten, aufgebaut. Übrigens können sich Männer und Frauen ihre Rolle nach Belieben aussuchen, jedoch bestimmen oft die Veranstalter bzw. die teilnehmenden Vereine, wie viele Menschen pro Gesellschaftsstand mitwirken können. So wird ein authentisches und realistisches Abbild der damaligen Gesellschaft gezeigt. Frauen und Männern stehen dabei alle Rollen offen. Es gibt kämpfende Frauen und nähende Männer, jeder wie er mag, solange die Kleidung und das Verhalten authentisch sind. Und keine Sorge bezüglich Unterordnung oder Machtgehabe: Männer waren im echten Mittelalter weder die Lieder singenden und heldenhaft kämpfenden Ritter, die ihre Frauen nur zu Hause hielten, noch waren Frauen die unterwürfigen, schwer arbeitenden Dienerinnen ihrer Männer. Beide Geschlechter hatten ihr Päckchen zu tragen, wie man als Besucher schnell erfährt. Die Frauen waren fast ganztägig mit dem Zubereiten der Speisen und dem Herstellen der Gewänder beschäftigt. Kindererziehung war damals wie heute Sache der Frauen. Die Männer hingegen mussten häufig bereit sein, in den Armeen zu dienen und zwar neben ihrem eigentlichen Beruf. Der Begriff Spießbürger (Bürger, die wehrhaft mit dem Spieß die Stadt verteidigten) stammt aus dieser Epoche. Auch schwere Arbeiten im Haus wie Wasser holen und Holz hacken, mussten die Männer erledigen. Wer einmal ein Kettenhemd eines Söldners hochhebt (es wiegt gut 20 Kilo) überlegt es sich vielleicht doch, ob ein Leben im Haus nicht vielleicht doch angenehmer wäre. Egal wie das Wetter auch sein mag, die Rolle muss beibehalten werden. Das bedeutet u. a., dass Frauen ihre Haare nicht zeigen dürfen. Die Tücher, die sich die Darstellerinnen, selbst im Hochsommer, um die Köpfe winden, haben jedoch auch Vorteile, denn Haare waschen ist in einem Zeltlage eher kompliziert und der Geruch der ständig qualmenden Feuer bleibt so auch nur am Tuch und nicht in den Haaren hängen. Die Kleidung beider Geschlechter war für heutige Verhältnisse sehr warm, da sie hauptsächlich aus Wolle bestand. Gewänder aus Leinen konnten sich im Mittelater nur reiche Adlige leisten. Unterwäsche war weitgehend unbekannt und Strümpfe inklusive Lederstrumpfband gehörten bei Mann und Frau zum Standard. Hosen für Männer waren zur Zeit des Mittelalters ebenfalls noch nicht erfunden. Der Mann trug zwei Beinlinge, die er an einem unförmigen Untergewand befestigte. Hier sehen Sie einige Impressionen vom Mittelalterevent in Goslar. (Java Script muss aktiviert sein)
Dieser Artikel wurde vom Webmaster
nach bestem Wissen und Gewissen verfasst. |
|