Wie oft sind es erst die Ruinen,
die den Blick freigeben auf den Himmel.


Hypogeum - älter als die Pyramiden

Historie und Legenden
5700 Jahre vor Christi Geburt siedelten die ersten Menschen auf Malta. Sie kamen über den Seeweg aus Sizilien und fanden eine menschenleere Insel vor, die wie zur Besiedelung geschaffen war. Sie brachten den Flintstein und Obsidian mit und waren mit diesen harten Steinwerkzeugen in der Lage, den weicheren Muschelsandstein der Insel zu bearbeiten. Damit erschufen sie in Generationen dauernden Zeiträumen Bauwerke und Kunstobjekte, die noch heute zu besichtigen sind.

Modell der Ruinen Tarxien in Valetta

Erst 1000 Jahre später bauten die Ägypter die weltberühmten Pyramiden. Das berühme Stonehenge in England ist sogar noch weitere 1000 Jahre jünger. Damit finden sich auf Malta und der Nachbarinsel Gozo die ältesten freistehenden Bauwerke der Menschheitsgeschichte. Obwohl der erste Tempel (Ggantija) auf Gozo steht und auch der größte ist, findet sich auf Malta der Spektakulärste: das Hypogeum.

Eintrittskarte für das HypogeumViele der Ruinenstätten wurden eher zufällig bei Bauarbeiten entdeckt und dies schon im letzten Jahrhundert. Einige wurden unsachgemäß ausgegraben oder gar als Steinbruch benutzt, um eigene Häuser zu bauen. Dadurch sind jede Menge Zeugnisse der Vergangenheit verloren gegangen. Um so sorgfältiger bewahrt heute die Heritage Malta Agency das Erbe der frühen Menschen. So werden einige Ruinen nicht für Besucher frei gegeben bzw. die Besichtigung streng reglementiert, wie bei Hypogeum, wo nur max. 80 Besucher pro Tag unter strenger Aufsicht Einlass finden.

Fakten und Erkenntnisse
Man weiß praktisch Nichts von den Menschen dieser prähistorischen Epoche. Sie hinterließen keine schriftlichen Aufzeichnungen. Dafür fanden Archäologen in ca. 30 Ruinenanlagen kunstvolle Steinfiguren. Einige nur wenige Zentimeter groß, andere lebensgroß. Die Statuen sind weiblich und weisen übertrieben breite Hüften auf, was viele glauben lässt, dass eine Fruchtbarkeitsgöttin verehrt wurde.

die schlafende Dame, gefunden im Hypogeum auf Malta

Ob jedoch überhaupt etwas oder jemand angebetet wurde, ob die Ruinen Kultstätten waren oder einfach nur Wohnungen, Begräbnisstäten oder Lagerräume kann niemand mit Bestimmtheit sagen. Dennoch deuten die Indizien auf Tempelanlagen mit Grabstätten und Ritualen hin, die Tieropfer und Orakelweissagungen durch Priester beinhalteten. Menschenopfer scheinen nicht Bestandteil dieser frühen Siedler gewesen zu sein.

Deckenmalerei im HypogeumAuch scheinen die Menschen vor gut 7000 Jahren eine Vorliebe für Spiralmuster gehabt zu haben. Diese finden sich als Verzierungen an Steinen und als Ockermalereien an den Decken des Hypogeums. Viele der Räme weisen halbrunde Räume auf, die in einem Kreis aneinandergereiht wurden, weshalb man auch oft von einer Kleeblatt-Tempel-Kultur spricht.

Die Kultstätten wurden von 4000 bis 2500 vor Christi mit einfachsten Werkzeugen erbaut. Wenn man bedenkt, dass das durchschnittliche Lebensalter in der Megalithkultur nur 25 Jahre betrug, kann man erahnen, wie viele Generationen an den Tempelanlagen gearbeitet haben müssen. Zum Spalten der Steine benutzte man trockene Holzpflöcke, die in Risse, Spalten und Löcher gesteckt wurden. Machte man dieses Holz nass, dehnte es sich aus und sprengte dadurch Steinblöcke ab, die anschließend mit Obsidianwerkzeugen bearbeitet wurden. Anfangs waren die Steine recht grob behauen. Später jedoch verwendete man viel Mühe und Zeit darauf, die Oberfläche zu glätten. Bei den inneren Wänden der oberirdischen Tempel aus dem weichen Muschelsandstein ging dies recht einfach. Doch zum Schutz vor der Witterung baute man um die inneren Wände herum eine Mauer aus hartem Sandstein, welcher viel schwieriger zu bearbeiten war.

Ab 2500 vor Chr. verschwand dann diese Kultur plötzlich von Malta. Es gibt keine Zeugnisse von Bautätigkeit nach dieser Zeit. Warum diese erste Hochkultur aufhörte zu existieren, ist nicht bekannt.

Real zu sehen
Am Beeindruckendsten ist das Hypogeum (hypo=unter, gaia=Erde). Die Ruinen wurde beim Ausbau eines Hauses mitten in der Stadt gefunden. Nach der Entdeckung im Jahre 1902 verschwieg man die Existenz 3 Jahre, bevor 1905 dann die eigentlichen Ausgrabungen begannen. Man entfernte die Innenteile von vier modernen oberirdischen Häusern, ließ jedoch die Außenmauern stehen, so dass das unterirdische Hypogeum nun geschützt von Witterungseinflüssen freigelegt werden konnte. Da die Ausdünstungen von Menschen die Struktur und Oberfläche der Ruinen schädigen könnte, wurde ein striktes Besucherreglement eingeführt. In der mit Messgeräten überwachten Anlage werden kleinste Besuchergruppen über Metallstege geführt. Dabei werden einzelne Merkmale der Anlage jeweils nur für einige Minten sehr schwach ausgeleuchtet, auch um weitere Schäden zu vermeiden. Besucher müssen alle Taschen, Kameras und Handys abgeben, bevor sie eingelassen werden.

Modell des Grundrisses des Hypogeums

Zu sehen ist ein dreigeschossiges unterirdisches Bauwerk, welches sich bis ca. 11 m unterhalb der heutigen Strassen erstreckt. Die oberste Etage ist die älteste und stammt aus den Jahren 3600 bis 3300 von Chr. Die unterste Etage, die man nur durch ein großes Guckloch sehen kann, wurde in den Jahren 3150 bis 2500 vor Chr. fertig gestellt. Man erschuf sie vermutlich, um Platz zu schaffen für weitere Tote, denn in den oberen Etagen fand man mehr als 7000 Skelette, so dass der Platz beengt zu sein schien.

Man glaubt, dass die Toten nicht sofort ins Hypogeum gebracht wurdern, sondern erst nach der Verwesung ausgegraben und dann die Knochen nach einer Zeremonie in der unterirdischen Kultstätte zur letzten Ruhe gebettet wurden. Auf den rund 500 bis 800 qm Grundfläche finden sich in der oberen Etage eine zentrale Passage mit Begräbniskammern auf jeder Seite. Wenn neue Skelette eintrafen, wurden die alten einfach beiseite geschoben, um den Neuankömmlingen Platz zu machen.

das Allerheiligste im HypogeumIn der mittleren Etage sind die Oberflächen viel glatter und mit ockerfarbenen Spiralelementen und Wabenmustern verziert. Die Ockerfarbe kommt nicht auf Malta vor und musste aus Sizilien eingeführt werden. In dieser Etage findet man auch das Allerheiligste, eine aus dem gewachsenen Felsen gearbeitete Tempelhalle mit gestuftem Dach. Davor befindet sich ein runder Versammlungsaum mit abzweigenden Kammern. Die Vermutungen wofür sie benutzt wurden, reichen von Warteräumen für Pilger bis zu Traum-Meditationsplätzen. Dies ist jedoch alles reine Spekulation.

Man fand jedoch heraus, dass in einer der Kammern (Orakelraum) eine Nische im Felsen so angebracht wurde, dass tiefe Stimmen, die in diese Nische hinein sprechen, noch in entfernten Kammern als unheimliche Stimmen zu hören sind. Gleich daneben befindet sich eine Wandöffnung über einem tiefen Schacht, in dem zahleiche Töpferwaren und Steinfiguren gefunden wurden. Da diese nicht zerbrochen waren, vermutet man, dass der Schacht mit Wasser gefüllt war und die Gegenstände als Opferungen durch die Wandöffnung hinein geworfen wurden. Hier fand sich auch die beeindruckende Statue der schlafenden Dame.

Weitere Highlights in der Umgebung
Gut erhalten sind die Ruinen Ggantija auf Gozo. Aber auch bei der sehr viel kleineren Anlage Tarxien in Valetta auf Malta, nur wenige hundert Meter vom Hypogeum entfernt, kann man sich einen guten Eindruck von oberirdischen Tempelbauten verschaffen. In Tarxien kann der Besucher sich sogar die Steinkugeln ansehen, mit denen die tonnenschweren Steine transportiert wurden.

Tarxien hatte früher eine Fassadenhöhe von 6 bis 8 Metern, was den damaligen Menschen, die nichts höheres als die Bäume um sie herum kannten, riesig erschienen sein musste. Man glaubt, dass nicht jeder in den Tempel durfte, sondern nur ausgewählte Personen und Priester. Im hinteren Teil gibt es Orakelöffnungen, vor denen die menschen der damaligen Zeit vermutlich standen und den Stimmen aus dem Inneren lauschten, wo die prister im Verborgenen saßen.

Die Ruinen haben heute keine Dächer mehr, aber man glaubt, dass sie früher Dächer aus Holz hatten. Manche Ruinenwände verjüngen sich nach oben hin, so dass fast eine Art Kuppel entstand. Andere Elemente aus Holz waren vermutlich Tore, um nicht jeden einlassen zu müssen und Sichtwände, um die Rituale der Priester noch geheimnisvoller erscheinen zu lassen, wenn man durch die Holztrennungen nur die Geräusche hörte.

Vor dem Tempel befindet sich eine große Steinplatte und davor eine kleinere mit zwei tiefen Löchern. Man glaubt, dass die große Schwelle einen symbolischen Übergang darstellen sollte. Opfertiere wurden vermutlich davor angebunden und geschlachtet. Das Blut wurde anschließend als Wiedergutmachung an die Erde in die zwei Löcher gegossen.

Hier sehen Sie einige Impressionen von den Prähistorischen Zeugnissen auf Malta.
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Archäologisches Museum

Archäologisches Museum

Hypogeum

Hypogeum

Figur aus Megalithzeit

Tarxien

Tarxien

Tarxien

Tarxien

Tarxien

Tarxien

Tarxien

Tarxien Wandrelief

Tarxien

Tarxien

Tarxien

Tarxien Eingang

Werkzeuge der Megalithkultur

Ggantija auf Gozo


Dieser Artikel wurde vom Webmaster
nach bestem Wissen und Gewissen verfasst.
Infospalte Prähistorische Stätten
Tarxien

Allgemeine Infos
Die prähistorischen Stätten auf Malta und Gozo werden als besonders schützenswert und empfindlich angesehen. Besucher werden teilweise nur in kleinen Gruppen eingelassen oder hinter Absperrungen gehalten. Ein Anfassen der Ruinen ist oft nicht möglich oder erwünscht. Fotorafieren darf man in den meisten Kultstätten.
Lediglich im Hypogeum sind weder Taschen, Kameras noch elektronische Geräte erlaubt. Die Warteliste für eine Führung im Hypogeum ist lang, zeitweise muss man mehrere Wochen im Voraus buchen. Karten bekommt man zum Beispiel in Valetta im Archäologischen Museum. Die Gruppengröße beträgt zur Zeit (Jan. 2006) maximal 10 Personen. Das Besichtigen ohne eine Führung ist nicht möglich.

Andere oberirdische Ruinenanlagen sind oft ohne erklärende Schrifttafeln, sodass es hilfreich ist, sich vorher zu informieren, einen guten Reiseführer mitzunehmen oder sich einer Führung anzuschließen. Letztere ist jedoch oft nur verbunden mit einem organisierten Ausflug zu bekommen.

In vielen dem Wetter ausgesetzten Kultstätten wurden besonders schöne oder interessante Fundstücke nicht vor Ort belassen, sondern in die Museen geschafft. Bei den Ruinen selbst wurden stattdessen Nachbildungn an den Fundstellen plaziert.

Lohnenswert ist auf jeden Fall das Archäologische Museum in Valetta. Man findet es auf der Hauptstrasse in der ehemaligen Ritterheimstadt, der Auberge de Provence. Hier kann man auch die Grundrisse der wichtigsten Kultstätten im dreidimensionalen Modell sehen, was gerade beim verwinkelt gestalteten Hypogeum hilft, sich die Anlage vorstellen zu können.

Hilfreiche Links im Internet
Die offizielle Seite der Heritage Malta Agency mit Informationen zu Museen, prähistorischen Ruinen und Gebäuden aus der Ritterzeit:
www.heritagemalta.org

Das Hypogeum:
www.heritagemalta.org/hypogeum.html

Tarxien:
www.heritagemalta.org/sites/tarxientemples.html


Meine persönlichen Eindrücke und Tipps
Unglaublich erscheint es einem, wenn man im Hypogeum steht oder durch die oberirdischen Ruinen wandert, dass all dies von Menschen geschaffen sein soll, die vor 6000 Jahren lebten und als Werkzeuge nur winzig kleine Obsidiansplitter o. Ä. kannten. Welche Energie und langfristige Planung mussten diese Menschen aufwenden, um die riesigen Felsblöcke zu bearbeiten. Warum verzweifelten sie nicht an der schier ewig dauernden Aufgabe? An was glaubten sie, dass ihnen die Ausdauer gab, praktisch ihr ganzes Leben dieser Arbeit zu opfern? Welche Belohnung erhofften sie sich davon im Leben nach dem Tode? Glaubten sie überhaupt daran?

Wie schon im Artikel erwähnt, hat mich das Hypogeum am meisten fasziniert, denn eine unterirdische Anölage, die so alt ist, hatte ich bis dahin noch nie gesehen. Die schummerige Beleuchtung verstärkte den Effekt, sich in einem mystischen Tempel zu befinden. Fast meinte man, dass sich in den Schatten noch die Priester der damaligen Megalithkultur aufhielten.

Sehr anschaulich war auch das Archäologische Museum in Valetta, dass man unbedingt gesehen haben muss, wenn man sich für die Megalithkultur interessiert. Die Steinfigürchen, die man in den Ruinen gefunden hat, sehen fast wie neu aus, als hätte ein Künstler unserer Zeit sie geschaffen. Die Ausstellung ist sehr stimmungsvoll arrangiert und vermittelt fast den Eindruck eines Tempels.

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Kurzumfrage
Letzte Änderung dieser Seite erfolgte am 06.01.2010



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